Du glaubst, du wärst das Grosse. Der Schmetterling stirbt, von deiner Verkleidungsscheibe getroffen... er vergeht im Glück des Augenblicks, und du glaubst, du wärst etwas Grösseres und Besonderes...
Meistens kommt es anders als man denkt...
Wer abseits der Routine handelt, öffnet sich für Chancen, die im sicheren Umfeld vielleicht nicht sichtbar sind. Das Eingehen neuer Wagnisse kann Lebenswege in völlig andere Richtungen lenken, die zuvor unvorstellbar waren. Der Horizont wird weit. Nicht erst wenn sich das Himalaya-Massiv nach 14 000 Kilometer Fahrt vor Dir ausbreitet. Doch das bringt Risiken, Ungewissheit und Unberechenbarkeiten mit sich, die sowohl emotional als auch mental belastend sein können... „Träume nicht dein Leben ... Lebe deinen Traum!“ Der Satz fordert auf, den Mut zu haben seine Träume zu verwirklichen und reale Schritte zur Verwirklichung der eigenen Wünsche zu gehen.
Warum solche Entscheidungen Schwierigkeiten schaffen werden:
Bedrohung der Komfortzone anderer: Viele Menschen fühlen sich sicher und bestätigt in ihrer Routine und ihren eingefahrenen Denkstrukturen. Wenn jemand ausbricht und einen neuen, oft mutigeren Weg einschlägt, zwingt dies andere unbewusst, ihre eigenen Entscheidungen zu reflektieren. Dieser Spiegel kann unangenehm sein, da er zeigt, dass sie ebenfalls das Potenzial hätten, auszubrechen – und sich aber dagegen entschieden haben. Aus diesem Grund reagieren sie oft abwehrend oder kritisch, um ihre eigene Komfortzone zu schützen.
Verlust der sozialen Zugehörigkeit: In engen, oft voneinander abhängigen sozialen Beziehungen kann ein Bruch mit der Routine und dem "Ghetto-Dasein" als Bedrohung für die Gemeinschaft empfunden werden. Wer einen neuen Weg einschlägt und sich aus vorgegebenen Erwartungen löst, riskiert, als unzuverlässig oder illoyal gesehen zu werden. Die anderen fühlen sich zurückgelassen oder fürchten, dass sie ihre eigene Identität und Sicherheit verlieren, wenn der Einzelne die "vorgeschriebenen ummauerten Wege" verlässt.
Neid und Unsicherheit: Menschen, die mutig ihre eigenen Träume leben und Risiken eingehen, lösen oft auch Neid aus. Diejenigen, die ihren eigenen Traum nicht verwirklichen oder Risiken vermeiden, sehen plötzlich, dass alternative Lebenswege möglich sind – und das kann an eigenen Versäumnissen oder Ängsten rühren. Um das eigene Weltbild zu schützen, wird der Weg des Aussteigenden oft negativ dargestellt, und die Person wird als Feind betrachtet, der die Sicherheit und Ordnung stört.
Wege zur inneren Freiheit
In seinem Buch Lebenskunst, Wege zur inneren Freiheit beschreibt der Psychologe Peter Lauster, wie wichtig es ist, dessen unbeirrt, die eigenen authentischen Bedürfnisse zu erkennen und äussere und innere Zwänge, sowie Ängste zu überwinden, die uns in "Ghettos" von Routine und vermeintlicher Sicherheit halten... Mein innerer Konflikt im Vorfeld der Reise, zwischen dem stabilen Job und der Freiheit, eine Motorradreise nach Asien zu begleiten, spiegelt diesen in Lausters Buch aufgezeigten Zwiespalt wider: der sichere, geordnete berufliche Weg versus der Möglichkeit, ein aussergewöhnliches Abenteuer und eine Passion zu verfolgen...
Ungewissheit oder Sicherheit? Intuitives Empfinden oder rationales Denken? Ein Dilemma: Entweder als Motorrad-Guide eine 16 000 Kilometer Tour nach Asien begleiten oder ein sicherer und guter Job als Teil der KaPo in Zürich? Kündigen oder nicht?
Nun, ich habe einen tollen, sicheren Job für eine einmalige Gelegenheit auf's Spiel gesetzt, ich habe hoch gepokert... Meiner Wiedereinstellung wurde nicht stattgegeben.
Peter Lauster beschreibt in seinem Text (unten) Momente tiefer Selbsterkenntnis während einer Motorradfahrt, die mir aus dem Herzen sprechen und mich in Zeiten des Zweifels an meiner Entscheidung zu einem klareren Verständnis dessen führen, worum es in unserer begrenzten Lenenszeit auf diesem Planeten eigentlich geht. Der Text hilft mir augenblicklich, die mit dem Jobverlust einhergehenden den Unsicherheiten des Lebens zu leben, die solche Entscheidungen unweigerlich begleiten. Im Moment bin ich auf Arbeitssuche. Die Sicherheiten sind weg, die Zukunft ist ungewiss. Gottes Wege sind unergründlich... aber sind nicht auch die vermeintlich materiellen Sicherheiten an die wir uns klammern letztlich nur Illusionen?
"Alles ändert sich jeden Moment"
Hier der Text aus "Lebenskunst -Wege zur inneren Freiheit": „Ich fühlte mich jahrelang wie im Gefängnis. Je mehr ich über mich selbst und die anderen nachdachte, desto mehr sah ich, wie gefangen ich selbst war und wie die anderen daran arbeiteten, mich in Gefangenschaft zu halten, obwohl sie selbst auch Gefangene eines Ghettos waren. Jeder hat sein eigenes Ghetto um sich errichtet, und er wacht darüber, dass sich der andere – der Partner oder Freund – gleichfalls in einem Ghetto einnistet, es sich dort gemütlich macht und zu einem lieben, freundlichen und höflichen Zellenbewohner wird. Ab und zu besucht man sich auf vorgeschriebenen, ummauerten Wegen und erzählt sich einige Erlebnisse und Gedanken – vor allem Gedanken. Das eigentliche Thema, nämlich die Unfreiheit, die Depression über das Ghetto-Dasein, wird peinlich vermieden.“
Eines Nachmittags war ich mit dem Motorrad unterwegs, und diese Fahrt an einem Herbsttag 1978 gab mir den Denkanstoß, der mich hinauskatapultierte aus dieser Ghettowelt und ihren Kommunikationsmustern. Ich fuhr nicht schnell, auch nicht langsam; der Helm war hinten rechts mit einem Gurt angeschnallt. Wenn ich sage, ich fühlte mich gut, so drückt das nicht aus, wie ich mich wirklich fühlte.
Ich roch den Duft von Heu. Das Abfahren der kleinen Landstraße in bäuerlichem Gebiet, durch Weideland und kleine Waldgebiete an einem Nachmittag im September, wenn diese Straßen leer sind bis auf ein paar Traktoren, die mit Heu beladen sind, gab mir plötzlich ein anderes Gefühl als sonst. Ich roch, ich schaute, ich fühlte und erlebte mich als Ganzes. Aber nicht nur das – das wäre nichts Besonderes. Dass man riecht, betrachtet und fühlt, ist nichts Außergewöhnliches; es ist ja etwas ganz Normales. Ich war hellwach, ich dachte über nichts nach. Alltagskonflikte, Berufsprobleme, Partnerprobleme waren wie weggeblasen. Ich war voll da, voll in diesem Augenblick, alles andere war weit weg: die Vergangenheit war vergangen, die Zukunft existierte nicht, ich war ganz in der Gegenwart. Auch das ist nichts Aufsehenerregendes, und dennoch geschah für mich selbst etwas ungeheuer Aufregendes, das ich niederschreiben möchte und das mir dennoch unmöglich erscheint, in Worte zu fassen.
Was ich beschreiben möchte, geschah in einem Moment, in dem vieles zusammenströmte. Diese Vielzahl der Eindrücke war keineswegs verwirrend. Ich roch, hörte, spürte und fühlte, und das alles zusammen genommen ergab das Glücksgefühl, das mich durchströmte. Es waren keine Gedanken da, und doch war das Gehirn aktiv. Es schossen Gedanken und Ideen durch meinen Kopf wie Gerüche, die plötzlich da sind und dann wieder weg sind; wie Licht, das von rechts kommt, dann wieder von links, von vorne, dann seitlich und von hinten. Licht und Schatten, und alle Nerven wechseln sich ab. Dann das Gefühl der Wärme, die übergeht in Kälte; dann die Kurven, und die Straße führte mich hinunter in einen Laubwald. Die Sonne ergoss ihre Strahlen, ihre Energie voll auf mich, und dann das Hineintauchen in die kühlere Luft des Waldes. Die Sonne blieb weg und kam wieder, und dann dieses unbeschreibliche Lichtgeflacker, diese Sonnenstreifen auf der Straße, diese Schattenfelder und Lichtflecken; und dann plötzlich dunkel und kühl. Dort wieder eine Lichtinsel, jetzt ein Schattenreich. Ein Schmetterling von links, grünes Moos – und dann wieder hinaus auf ein Stück weites Land. Rechts und links ein gelber Freiballon am Himmel. Es wurde wieder warm und dann steil hinauf zu einer Anhöhe.
Ich war aus dem Ghetto ausgebrochen. Ich war in die Veränderung, in den ständigen Wechsel der Eindrücke hineingeraten. Es war wie ein Strudel, ein Sog, der mich erfasste, von dem ich mich erfassen ließ. Ich hatte das Gefühl, in diesem Moment wirklich zu leben und glücklich zu sein. Ich war ich, ich war allein, niemand war nötig; ich war einfach nur ich, und ich empfand es als unvergleichlich schön, einfach nur ich zu sein.
Ich war aus dem Ghetto heraus, ich war plötzlich heraus, plötzlich frei. Ich fühlte mich wohl, frei zu sein. Es gab kein Ziel und keinen Plan. Das Ziel war das Jetzt, das Leben ergoss sich in diesen einen einzigen Moment, der floss und floss von Moment zu Moment. Mein Gehirn wurde von diesem Erlebnisstoß durchgepustet, es fühlte sich frisch an – kein Druck mehr, keine Spannung, kein Anflug von Kopfschmerzen, nicht zu denken an Depression, Unlust oder Frustration. Ich wünschte, es würde nie aufhören, ich war glücklich und ich hätte in diesem Moment des Glücks sterben mögen. In dieser normalen und überhaupt nicht sensationellen Situation empfand ich unerwartet ein solches Glück, dass der Tod für mich uninteressant wurde. Nicht, dass ich Todessehnsucht hatte – ich wollte nicht sterben, nein, warum auch –, aber es war mir klar, dass ich jetzt sterben könnte. Der Tod verlor seinen Schrecken. Der Tod wäre keine Niederlage gewesen; ich spürte, dass der Tod da war. In diesem Wechsel war er mit enthalten. Ich meine nicht den Unfalltod; ich meine die innere Bereitschaft, den Tod zu akzeptieren. Zum ersten Mal war mir klar, wie Leben und Sterben zusammenhängen: beide Phänomene, die wir sonst trennen, flossen in eins. Leben und Tod waren ein und dasselbe. Es kommt, es geht. Das Leben selbst ist ein ständiges Hineingehen, ein Kommen und Gehen, ständiges Werden und Sterben. Du kannst nichts festhalten: Der Geruch verfliegt, die Strahlen der Sonne werden in Schatten umgewandelt, Wärme wird zur Kälte und wieder zu Wärme.
Der ständige Wandel wird zusammengefasst durch dein Glück. Du siehst dich als Kind, als Jugendlicher, als Erwachsener, als ausgereifter Mann, als Rentner und als Greis – alles in einem kurzen Moment. Du siehst dich als schreiendes Neugeborenes, von der Hebamme gehalten, und du siehst dich als 90-Jähriger im Rollstuhl. Der Kreis hat sich geschlossen. Das Licht taucht auf und es verschwindet, moosgrün hinter einem bewaldeten Hügel. Der Wechsel im Kleinen und der Wechsel im Großen. Du glaubst, du wärst das Große. Der Schmetterling stirbt, von deiner Lenksäule getroffen, er vergeht im Glück des Augenblicks, und du glaubst, du wärst etwas Größeres und Besonderes. Es wurde mir klar, dass das meine Neurose ist. Die Neurose der anderen war mir plötzlich egal.
Ich war ganz bei mir. "Ich bin ich", schrie ich heraus, ich lachte und schrie immer wieder: „Ich bin ich!“ Ein Bussard am rechten Waldrand, am Horizont. Ich bin ein Bussard, ein Adler, eine Gämse, ein Schmetterling, eine Ziege auf der Weide – ich war heraus aus meinem Ghetto. Ich konnte nicht mehr zurück. Ich konnte nicht mehr so leben wie bisher. Ich fuhr durch diese Landschaft, die Sonne sank herab zum Horizont, ihre Strahlen wurden so schön schräg, und sie brachen sich an den Bäumen, den Häusern und den Hügeln. Ich war auf der Straße, ein langer Schatten.
Ich fuhr zurück in die Stadt, zurück ins Ghetto, und ich besuchte meine Ghettofreunde, erzählte von meinem Erlebnis und scheiterte schrecklich daran, es in Worte zu fassen. Ich floss über, aber niemand konnte mir zuhören. Unbeholfenheit fordert Spott heraus. Ich war hier noch viel mehr allein, als mein Schrei „Ich bin ich“ ausdrückte. Sie wollten keine Worte hören, denn nur Tatsachen überzeugen. „Du brauchst nichts davon zu erzählen, du sollst es tun“, dachte ich. Am anderen Tag kündigte ich meinen Job und machte mich selbstständig". Peter Lauster, Lebenskunst: Wege zur inneren Freiheit, ISBN 3499178605
Träume nicht dein Leben... lebe deinen Traum
Ich kündigte einen guten Job und brach im Alter von 60 Jahren auf, um mit dem Motorrad Tibet auf dem Landweg zu erreichen...
Wieder zurück... Vom Grossglockner zum Mount Everest..... In 50 Tagen 16128 Kilometer mit dem Motorrad nach Tibet.
The Top Five Regrets of the Dying": Hier sind einige der häufigsten Reuepunkte, die Sterbende berichten:
"Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben": Viele bereuen, dass sie sich zu sehr von den Erwartungen anderer haben leiten lassen und ihr eigenes Leben und ihre Träume vernachlässigt haben. Sie sagen oft, dass sie sich zu wenig Zeit für persönliche Wünsche und Ziele genommen haben.
"Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet": Besonders Männer äußern häufig die Reue, dass sie zu viel Zeit mit Arbeit und Karriere verbracht und zu wenig Zeit mit ihrer Familie und Freunden genossen haben. Die Arbeit, die ihnen Sicherheit und Erfolg brachte, führte oft zu einem Mangel an wertvollen zwischenmenschlichen Erlebnissen.
"Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meine Gefühle auszudrücken": Viele bereuen, dass sie ihre wahren Gefühle unterdrückt haben, um Konflikte zu vermeiden oder andere nicht zu verletzen. Dies führte oft dazu, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse vernachlässigten und Beziehungen oberflächlich blieben.
"Ich wünschte, ich hätte den Kontakt zu meinen Freunden gehalten": Freundschaften und soziale Verbindungen sind ein großer Trost am Lebensende. Sterbende bedauern häufig, dass sie Freundschaften nicht gepflegt haben und dass sie die Nähe zu wichtigen Menschen in ihrem Leben vernachlässigten.
"Ich wünschte, ich hätte mir mehr erlaubt, glücklich zu sein": Viele Menschen erkennen am Ende ihres Lebens, dass Glück eine bewusste Entscheidung ist. Sie bereuen, dass sie zu sehr an alten Mustern und Ängsten festgehalten haben, anstatt ihr Leben voller Freude und Gelassenheit zu genießen.
„Leben heisst nicht, zu warten, dass der Sturm vorüberzieht, sondern zu lernen, im Regen zu tanzen
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