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SCHWEIGEN IM WALDE?

28.12.2021 10:25:00 [Wilhelm Töff I SCHWEIZ DEUTSCHLAND ÖSTERREICH]

𝐒𝐜𝐡𝐰𝐞𝐢𝐠𝐞𝐤𝐢𝐥𝐨𝐦𝐞𝐭𝐞𝐫 𝐚𝐮𝐟 𝐝𝐞𝐫 𝐒𝐜𝐡𝐰𝐚𝐫𝐳𝐰𝐚𝐥𝐝𝐡𝐨𝐜𝐡𝐬𝐭𝐫𝐚𝐬𝐬𝐞? Es geht um einen Abschnitt der B500), an dem die meisten tödlichen Motorradunfälle passieren. Der Schweigekilometer soll ein Zeichen dafür sein, dass es nicht immer Verbote und Restriktionen sind, die die Welt zu einem besseren Ort machen können.


Es täte manchem Ego-gesteuerten Fahrer schon ganz gut, schweigend zu realisieren zu müssen, dass man als Motorradfahrer Charakterstärke braucht, absolute Konzentration, völlige Hingabe und die ungeschönte Einschätzung seiner Fahrschwächen, seiner Fitness, Tagesform, seiner Stärken und Schwächen. Und vor allem, dass man Verantwortung nicht nur sich selbst gegenüber trägt.


Ob ein Schweigekilometer im Schwarzwald gegen ein viel tiefer liegendes, gesellschaftlich weit verbreitetes und hauptursächliches Problem einer verzerrten Selbstwahrnehmung helfen kann?



Schweigekilometer auf der B500. Hier gehts zum Video:



Der Sportpsychologe und begeisterte Motorradfahrer Hans Eberspächer postulierte, dass niemand auf die Dauer sicher Motorradfahren kann, der nicht über eine realistische Selbsteinschätzung verfügt.



Je inkompetenter, desto grösser oft das Selbstbewusstsein. Für dieses Phänomen gibt es einen Namen: Dunning-Kruger-Effekt.


Beispiel? Für manchen gleicht die Fahrt durch die Applauskurve der Hausstrecke eher einer Ballonfahrt: Sie kommen aufgeblasen daher, mit hoch drehendem Motor – voll schräg, voll verkrampft und voll über ihrem fahrerischen Limit. Das kann auf Dauer nicht gut gehen.



𝘚𝘵𝘶𝘧𝘦 1 𝘐𝘯𝘬𝘰𝘮𝘱𝘦𝘵𝘦𝘯𝘵𝘦 𝘔𝘦𝘯𝘴𝘤𝘩𝘦𝘯 ü𝘣𝘦𝘳𝘴𝘤𝘩ä𝘵𝘻𝘦𝘯 𝘳𝘦𝘨𝘦𝘭𝘮ä𝘴𝘴𝘪𝘨 𝘪𝘩𝘳 𝘦𝘪𝘨𝘦𝘯𝘦𝘴 𝘒ö𝘯𝘯𝘦𝘯.


𝘚𝘵𝘶𝘧𝘦 2 𝘎𝘭𝘦𝘪𝘤𝘩𝘻𝘦𝘪𝘵𝘪𝘨 𝘴𝘪𝘯𝘥 𝘴𝘪𝘦 𝘯𝘪𝘤𝘩𝘵 𝘪𝘯 𝘥𝘦𝘳 𝘓𝘢𝘨𝘦, 𝘥𝘢𝘴 𝘈𝘶𝘴𝘮𝘢𝘴𝘴 𝘪𝘩𝘳𝘦𝘳 𝘦𝘪𝘨𝘦𝘯𝘦𝘯 𝘐𝘯𝘬𝘰𝘮𝘱𝘦𝘵𝘦𝘯𝘻 𝘻𝘶 𝘦𝘳𝘬𝘦𝘯𝘯𝘦𝘯.


𝘚𝘵𝘶𝘧𝘦 3 𝘈𝘶𝘧𝘨𝘳𝘶𝘯𝘥 𝘪𝘩𝘳𝘦𝘳 𝘐𝘨𝘯𝘰𝘳𝘢𝘯𝘻 𝘬ö𝘯𝘯𝘦𝘯 𝘴𝘪𝘦 𝘪𝘩𝘳𝘦 𝘒𝘰𝘮𝘱𝘦𝘵𝘦𝘯𝘻 𝘯𝘪𝘤𝘩𝘵 𝘴𝘵𝘦𝘪𝘨𝘦𝘳𝘯 𝘶𝘯𝘥 𝘣𝘭𝘦𝘪𝘣𝘦𝘯 𝘣𝘭𝘪𝘯𝘥.


𝘚𝘵𝘶𝘧𝘦 4 𝘞𝘦𝘴𝘩𝘢𝘭𝘣 𝘴𝘪𝘦 𝘥𝘪𝘦 ü𝘣𝘦𝘳𝘭𝘦𝘨𝘦𝘯𝘦𝘯 𝘍ä𝘩𝘪𝘨𝘬𝘦𝘪𝘵𝘦𝘯 𝘷𝘰𝘯 𝘢𝘯𝘥𝘦𝘳𝘦𝘯 𝘳𝘦𝘨𝘦𝘭𝘮ä𝘴𝘴𝘪𝘨 𝘶𝘯𝘵𝘦𝘳𝘴𝘤𝘩ä𝘵𝘻𝘦𝘯.



Und weil Halbwissende dazu neigen, sich selbst zu überschätzen und zugleich die Kompetenz anderer verkennen, sehen sie auch nicht die Notwendigkeit, sich weiterzubilden und damit ihre Kompetenz zu steigern. Darum trifft man auch die lautesten und rücksichtslosesten "Sportfahrer" so gut wie nie auf Sicherheits- oder Renntrainings an.



Um es nüchtern auf den Punkt zu bringen: Ans eigene fahrerische Limit darf es nur auf der Rennstrecke gehen!


Ein gesellschaftliches Phänomen

Erschwerend kommt hinzu: In unserer Konsumgesellschaft ist es normal, etwas zeigen zu wollen, was man gar nicht ist, beziehungsweise was man glaubt, anderen zeigen zu müssen:


Ueli Rüdisühli transformiert auf einer R1 mit der Startnummer 46 zum Rossi oder auf der Hardenduro im Rallyeornat zum Stéphane Peterhansel. Wir sind nicht bei uns selbst, sondern wir sind lieber, was man uns glauben macht, und wir vergleichen uns mit Idolen, anstatt an der besten Version von uns selbst zu arbeiten.



Wer unter dem gesellschaftlichen Phänomen der Einbildung leidet, ist latent gefährdet, sich in allen möglichen Lebensbereichen etwas zuzutrauen, das er/sie eigentlich nicht kann.


Damit werden glänzende Geschäfte gemacht: In den künstlichen Welten der Werbung macht dich das Parfüm XY zum feurigen Latin-Lover, in der Realität vielleicht zur Lachnummer. Doch was macht die viel zu schwere Reiseenduro mit dir? Womöglich einen Fall fürs Spital.



Auf Selbstreflexion kommt es an

Das angedachte Projekt "Schweigekilometer" ist keine schlechte Idee, aber greift für mich zu kurz, denn es ist /sind nicht die Strecke(n) die gefährlich ist /sind, es sind die 'Master of Desaster' auf den Motorrädern und hinter den Auto-Lenkrädern, die sich selbst weder fühlen noch kennen und mit ihren eigenen Fähigkeiten in keiner realistischen Balance stehen. Und die selbstwertschmeichelnden Wahrnehmungs-Verzerrungen der "Zielgruppe" wird eine solche Aktion ausserhalb des "Gedenkkilometers" wohl kaum dauerhaft korrigieren. Hoffen wir, dass diese Kampagne dennoch dazu beiträgt ...



Auf Selbstreflexion kommt es an - nicht auf bestimmte Streckenabschnitte

Mehr dazu hier: Ein Beitrag über die Synergetik von Körper, Geist und Maschine








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