Ungewissheit oder Sicherheit? Intuitives Empfinden oder rationales Denken? Ein Dilemma: Entweder als Motorrad-Guide eine 12 000 Kilometer Tour nach Asien führen oder ein sicherer und guter Job als Teil der KaPo in Zürich? Kündigen oder nicht?
Erst im Januar 2024 habe ich diesen tollen Job am Flughafen Zürich angetreten. Nach einer anspruchsvollen Ausbildung bin ich seither als zertifizierter Sicherheitsbeauftragter vom BAZL (Bundesamt für Zivilluftfahrt) und Teil der Kantonspolizei Zürich tätig.
Ich bin angekommen - glücklich und zufrieden am Flughafen Zürich. Doch dann geschieht etwas völlig Unerwartetes
Mein guter Kamerad und Kollege Daniel Lengwenus, seines Zeichens Tourmanager beim MOTORRAD action team, berichtet mir von einem betrieblichen Notfall bei einem Kooperationspartner - dem Ausfall eines Tourguides - Das Unternehmen bräuchte aufgrund aussergewöhnlicher Umstände dringend meine Unterstützung.
Das kam für mich völlig überraschend, zumal ich erst im Januar meinen neuen Job bei der Flughafenpolizei in Zürich angetreten und jegliche Nebentätigkeiten dieser Art, während der Urlaubssperrzeiten der KaPo kategorisch ausgeschlossen und in der Motorradbranche - in der ich 30 Jahre lang tätig war- so kommuniziert habe.
Ein Dilemma zeichnet sich durch die Schwierigkeit einer Entscheidungsfindung aus, bei der keine der verfügbaren Optionen eindeutig richtig oder falsch ist.
Zwei Denkprozesse repräsentieren dabei nicht nur in meinem Fall zwei fundamentale unterschiedliche Herangehensweisen an eine Entscheidungsfindung. Der Konflikt zwischen Vernunft und Bauchgefühl bei einer Entscheidung entsteht. Doch der Reihe nach:
Ich bin fassungslos, ob dieser einmaligen Chance eine wirklich aussergewöhnliche und herausfordernde Motorradtour zu führen... und GLEICHZEITIG voll der Zweifel, dafür nun wahrscheinlich meine erst kürzlich angetretene Stelle am Flughafen aufs Spiel setzen zu müssen. Ich wurde plötzlich gezwungen erst einmal in einer stillen Stunde den Konflikt zwischen Vernunft und Bauchgefühl auszutragen. Jede Entscheidung bringt unvermeidlich Opfer oder negative Konsequenzen mit sich, was den Entscheidungsprozess emotional und intellektuell belastend macht.
Kennt ihr das? Der Kopf sagt "NEIN!", wegen der attraktiven Aufgaben, der beruflichen Sicherheiten, der guten Kollegen, des regelmässigen Salärs... Und der Bauch sagt... "LASS LOS"
Der Konflikt zwischen Vernunft und Bauchgefühl entsteht, wenn diese beiden Wahrnehmungssysteme unterschiedliche Empfehlungen geben
Kopf: "Der Job am Flughafen ist spannend und macht mir Freude. Die Kollegen und Kolleginnen sind wirklich klasse, die Arbeitsbedingungen fair, die Tätigkeit für mehr Sicherheit sinnvoll, das Schichtreglement sagenhaft..."
Bauch: "12 000 Kilometer durch die unterschiedlichsten Landschaften, Kulturen und Klimazonen zu fahren und damit noch einem Kollegen in Schwierigkeiten zu helfen, erfüllt mich mit einer Euphorie die mich beflügelt... Der Höhepunkt dieser Reise wird zweifellos Tibet sein. Der Weg nach Lhasa führt über einige der höchsten befahrbaren Pässe der Welt, durch atemberaubende Landschaften und vorbei an alten Klöstern, die Zeugnisse einer tief spirituellen Kultur sind...
Bauch: "Was werden sie mit mir machen, die Begegnungen mit Menschen, die meinen Weg kreuzen, und die Geschichten, die sie zu erzählen haben? Jede Begegnung, jedes Gespräch wird zu einem Teil meiner Lebensreise, zu einem Teil meiner Geschichte."
Kopf: "Was werden sie von mir denken, die liebgewonnen neuen Kollegen und Kolleginnen - und was die Vorgesetzten am Flughafen?"
Die Unsicherheit zerrt an der Seele, und die unausweichlich erforderliche Entscheidung erscheint wie eine Last, die schwer auf den Schultern liegt. Letztlich geht es nicht nur um diesen oder einen anderen Job: Es geht um Hilfsbereitschaft für einen Kollegen, es geht um Freundschaften und um die Weichenstellung für die Zukunft.
Der Umgang mit jedem inneren Konflikt erfordert eine Balance zwischen den Ansätzen Ratio und Emotion:
Bewusste Reflexion: Zeit nehmen, um die Gründe für beide Seiten des Konflikts zu verstehen und bewusst abzuwägen.
Pro- und Contra-Listen: Schriftliches Festhalten der rationalen Argumente und emotionalen Reaktionen.
Dritte Meinung: Rat von aussenstehenden Personen einholen, die neutral und unvoreingenommen sind.
Kombination beider Ansätze: Kombination von rationaler Analyse und intuitiven Empfindungen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen, die beide Aspekte berücksichtigt.
Alea iacta est - die Würfel sind gefallen
Der Bauch hat gewonnen, aber nun muss ich die Sicherheit und die Freude an meinem Flughafen-Job riskieren. Denn die Motorradreise, die ich begleiten und führen soll, findet ausgerechnet ab Juli statt. Ich werde dafür für 3 Monate in der Feriensperrzeit der KaPo absorbiert sein. Ich habe also versucht dafür eine Freistellung zu erlangen. Eine schriftliche Unabkömmlichkeitserklärung des Reiseveranstalters mit der entsprechenden Bitte um meine Freistellung habe ich vorgelegt. Diese wurde jedoch aus nachvollziehbaren Gründen abgelehnt: "An der Kündigung führt kein Weg vorbei", wurde mir bedeutet, jedoch habe ich eine Chance auf Wiedereinstellung - als zertifizierter Sicherheitsbeauftragter. Das ist mehr als fair, finde ich.
Die Entscheidung, die SIKO zu verlassen, ist mir nicht leicht gefallen. Meine Zeit und meine Einsätze am Flughafen Zürich-Kloten sind zwar auch fordernd, aber menschlich bereichernd und ich schätze die Zusammenarbeit mit meinen Kolleginnen und Kollegen sehr. Die Arbeit in den täglich wechselnden Teams, bereitet mir stets grosse Freude und ich bin dankbar für die zahlreichen beruflichen und persönlichen Erfahrungen, die ich hier sammeln durfte und hoffentlich nach meiner Rückkehr wieder darf.
Es fällt mir schwer Euch zu verlassen. Ich hoffe, dass sich in der Zukunft die Möglichkeit eines Wiedersehens, einer Wiedereinstellung ergeben wird ...
Liebe SIKO-Kollegen und Kolleginnen: Ich werde hier von Zeit zu Zeit mal etwas posten, zu meinem Vorhaben von Zürich über München nach Lhasa / Tibet und dann evtl. weiter bis Bangkok zu fahren... und ich werde versuchen direkt während der Tour täglich zu berichten. Ich werde diese Strecke nicht alleine bewältigen. Ich bin ab 17.07 durch 13 Länder und für drei Monate unterwegs, davon mindestens 60 Tage mit 18 zahlenden Kunden - als Tourguide eines Reiseunternehmens Namens "Tibetmoto", das mit dem MOTORRAD action team kooperiert. Machts gut.
Du besch eifach en geile Siech! Das war die richtige Entscheidung! Und falls nicht, machts auch nichts! Das Leben geht immer weiter. ich wünsche Dir viele unvergessliche Begegnungen und berichenernd Erfahrungen und freue mich auf ein Wiedersehen! Alles gut und bis bald! Adi